Leidensdruck oder Inspiration als Energie für Veränderung

Myriam Mathys
·
11. September 2023
3d render of a green electrical plug isolated on a socket background eco energy concept

Ja, es ist bequem und energiesparend, wenn das Leben – so wie immer – seinen gewohnten Lauf nimmt. Und es gibt ja auch immer sehr viel zu tun. Und da und dort könnte man noch was verbessern oder was Neues ausprobieren…

Aber was ist, wenn das Leben um uns herum gar nicht mehr «seinen gewohnten Lauf» nimmt, sondern sich schon längst alles – oder zumindest vieles – verändert hat? Und wir dies entweder einfach nicht wahrhaben können. Oder nicht wahrhaben wollen und die fatalistische Haltung einnehmen: «Da kann man eh nichts dagegen tun»?

Dies kommt nicht nur bei einzelnen Menschen vor (und ja, das kenn ich manchmal auch…), sondern auch in Organisationen – und ganz besonders auch in richtig grossen Organisationen.

Zum Beispiel in den Volkskirchen. Da laufen die Leute scharenweise davon. Obwohl, wie aktuelle Umfragen zeigen, es nach wie vor erhebliche gesellschaftliche Erwartungen an die Kirche gibt und – zumindest was die reformierte Kirche anbelangt – das Vertrauen in die Kirche auch immer noch sehr hoch ist. Und trotzdem treten auch nicht weniger Reformierte als Katholiken aus.

Was kann man dagegen tun? – Ich habe auf diese Frage auch keine einfache Antwort.

Ich kenne bei den Reformierten viele engagierte Mitarbeitende und Ehrenamtliche, die sich vielfältig und intensiv damit beschäftigen, wie sie Menschen, die nicht so eine enge Kirchen-Bindung haben, auf deren heutige Bedürfnisse hin ansprechen können.
Aber leider erlebe ich auch, dass es viele gibt, die irgendwie lethargisch wirken und wohl innerlich schon aufgegeben haben: Da kann man eh nichts dagegen tun. Oder die einfach so tun, als hätte sich nichts verändert.

Schon gegen Ende der 90er Jahre, als Grossgruppen-Konferenzen im deutschsprachigen Raum langsam bekannt wurden, haben wir beim kollegialen Austausch festgestellt, dass es einen wahrnehmbaren «Leidensdruck» geben muss, damit sich grosse Gruppen wirklich in Bewegung setzen und Veränderungen geschehen können. Sonst ist einfach zu wenig Veränderungsenergie dafür da, zu wenig «Herzblut» für das Anliegen.
Später habe ich erlebt, dass natürlich auch Inspiration als grosse Anschub-Energie dienen kann (man denke nur an Start-ups). Aber Inspiration ist in grossen Systemen leider meist nur punktuell vorhanden, will heissen bei einzelnen Menschen oder Gruppen.

Was kann man also tun?

Ein Rezept habe ich immer noch keines, aber ich bin mir sicher, dass es sich lohnt, einerseits Wege zu suchen, wie man der Mehrheit den (faktisch vorhandenen) Leidensdruck tatsächlich bewusst machen kann, um sie dadurch in Bewegung zu bringen. Und andererseits Räume zur Verfügung zu stellen, in denen aus Inspiration Neues wachsen und erblühen kann.

Herzliche Grüsse,

Myriam
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