Hannes, du bist bemerkenswert!

Franziska Gottschalk
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2. September 2024
Bücherstapel Franziska Gottschalk

Ein KMU mitten im Transformationsprozess hin zu Partizipation und Selbstorganisation – mit dem Ziel, bestehende Kunden nicht weiter zu verlieren, wieder innovativ und ein wichtiger Player auf dem Markt zu sein und zukünftig wieder auf grossem Erfolgskurs zu surfen.

Die letzten Monate gab es viel «Hintergrundarbeit» zur Frage: Wie kommen wir wieder auf Kurs? Wie soll sich die Organisation dafür zukünftig aufstellen? Wie sollen wir anders zusammenarbeiten?

Jetzt ist ein erstes Organigramm erstellt. Die Anzahl der Führungskräfte ist reduziert. Und vor allem die Führungskräfte sollen jetzt die Verantwortung für die Veränderungen in den Bereichen übernehmen.

Doch wie umsetzen? Wie kann ich als Führungskraft ab heute Ziele erreichen, die wir die ganzen letzten Jahre nicht erreicht haben???

In meiner Arbeit erlebe ich zwei Muster von Reaktionen, die sich in dieser Phase des Transformationsprozesses immer wieder wiederholen:

Frage: Wie kann ich als Führungskraft ab heute Ziele erreichen, die wir die ganzen letzten Jahre nicht erreicht haben???

Antwortmöglichkeit a):

«Ufffff… Ehrlich: keine Ahnung. Wenn ich das wüsste, hätte ich es ja schon vorher getan. Aber das darf ich niemandem sagen, sonst glaubt die Geschäftsführung noch, ich hab’s nicht drauf und dann komme ich noch direkt auf die Abschussliste.

Jetzt habe ich wirklich Angst… Das darf ich mir nicht anmerken lassen! Ich muss mich stark zeigen! Und dass ich weiss, wo es lang geht. Ich benutze jetzt auch mal all die Schlagworte, die hier in der Organisation herumschwirren. Dann merkt hoffentlich niemand, dass ich gar nicht richtig weiss, wovon ich spreche. Und den anderen Führungskräften geht es ja ähnlich. Und die lassen sich auch nicht in die Karten blicken. Ich stehe das schon irgendwie durch. Und in ein paar Monaten hat sich der Trubel sicher schon wieder gelegt… Als wenn wir hier Arbeit neu erfinden würden?! Ha, ich ziehe jetzt mal die Leine enger und gebe den Mitarbeitenden genaue Anweisungen, was zu tun ist. Und sie sollen mir ausführlich rapportieren! Ich muss wieder mehr Führungsstärke zeigen! Ich bin hier die Führungskraft! Ich terminiere jetzt direkt mal alle Bila’s wöchentlich…»

Frage: Wie kann ich als Führungskraft ab heute Ziele erreichen, die wir die ganzen letzten Jahre nicht erreicht haben???

Antwortmöglichkeit b):

«Ufffff… Ehrlich: keine Ahnung. Wenn ich das wüsste, hätte ich es ja schon vorher getan. Da muss ich wohl einiges dazu lernen! Wenn ich den Transformationsprozess hin zu Partizipation und Selbstorganisation ernst nehmen will, kann ich nicht mehr genau gleich führen.

Doch glaube ich an das Ziel? Dass durch mehr Partizipation und Selbstorganisation unser «Dahindümpeln» gestoppt wird und wir wieder ein wichtiger Impulsgeber in unserem Markt werden?

Einiges spricht wohl dafür. Doch ich habe gar keine Erfahrung. Und nur etwas theoretisches Wissen. Und wo soll ich anfangen? Was lerne ich als erstes? Was gilt es für mich zu verlernen? Und was sind in meinem Team die sinnvollsten Hebel? Ich hätte gern schnell ein paar erste Erfolgserlebnisse – um uns im Team für diesen Wandel zu motivieren. Doch wie geht das? Das muss ich erstmal erkunden.»

Und welche Reaktion ist eher deine?

Hannes hat sich für b) entschieden. Als erstes nahm er sich nach seinen Ferien mit der Familie noch eine Woche Zeit für sich. Er hat sich an einen ruhigen Ort in den Bergen zurückgezogen. Mit vielen Büchern. Und noch mehr Fragezeichen. Auf der Suche nach «seinen» schlüssigen Antworten.

Als zweiten Schritt haben Hannes und ich uns letzte Woche getroffen und gemeinsam eine für ihn sehr persönliche und auf das Team passende Auslegeordnung gemacht.

Was für Hannes die Stellhebel sein werden? Die ersten Schritte sind gar nicht so kompliziert:

  • Sich mehr Wissen aneignen: Bücher lesen, Video’s schauen, eine Community für den Austausch finden
  • Die eigene Führungsrolle in neuen Kontext definieren:
    • Was sind jetzt wirklich MEINE Aufgaben? Und welche Aufgaben können die qualifizierten Teammitglieder übernehmen?
    • Was sind MEINE Verantwortungsbereiche? Welche konkrete Verantwortung hat jede:r Mitarbeitende?
    • Wo entscheide ICH in meiner Rolle als Führungskraft und wo entscheiden die Mitarbeitenden selbständig?
    • Wie investiere ich meine frei gewordenen Ressourcen?
  • Erste Anpassung in der Zusammenarbeit: Eine neue Meetingstruktur – mit Methoden wie Systemisches Konsensieren und KonsenT mit Einwandcheck, um im Team effizient entscheiden zu können
  • Erste äussere Zeichen: Umgestaltung des Sitzungszimmers, um zu zeigen: Jetzt sind wir aktiv im Veränderungsprozess!

Bemerkenswert, lieber Hannes! Und das mit deinen bald 59 Jahren.

Im Transformationsprozess als erstes in die Selbstreflexion zu gehen und sich die Zeit als Führungskraft zu nehmen, ernsthaft auch das eigene Verhalten zu hinterfragen und neu auszurichten, das erlebe ich in unserem vollgepackten Berufsalltag als nicht selbstverständlich.

Bist du auch neugierig? Und manchmal mutig? Vielleicht magst du dich ja von Hannes inspirieren lassen…?

Neugierige Grüsse,

Franziska

Was sind deine Gedanken und Erfahrungen? Lass es mich wissen und wir bleiben im Gespräch: franziska.gottschalk(at)all-dimensions.com

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